Die Firma polyGLAS Weirather entwickelte ein Verfahren, durch das auch sehr große Tanks nahezu emissionsfrei hergestellt werden können.
Umweltgerechte Tankherstellung
polyGlas Weirather GmbH
Illertissen | Kategorie Ökonomie

Ihren Ursprung fand die Firma polyGLAS Weirather im Jahr 1895 als Küferei für Holzfässer. Der Familienbetrieb blieb seiner Tradition seitdem stets treu. Heute entwickelt und produziert Georg Weirather jun. große Tanks für Landwirtschaft und Industrie aus glasfaserverstärktem Kunststoff – einem Verbundstoff wie beispielsweise auch Kohlefaser.
Ursprünglich wurde im Handlaminierverfahren produziert; der Verbundstoff wurde Schicht für Schicht aufgebracht und mit Kunstharz getränkt. Das Verfahren führte jedoch zu umweltbelastenden Emissionen, deren Werte je nach Größe der Tanks erheblich anstiegen. Behördliche Auflagen legten somit bald nahe, neue Wege zu finden, denn großflächige Bauteile ließen sich unter diesen Umständen nur schwer fertigen.
Den Schutz der Umwelt immer im Blick, entwickelte Georg Weirather jun. das Herstellungsverfahren kontinuierlich weiter. Nach verschiedenen Ansätzen gelang 2011 schließlich der Durchbruch: Weirather entwickelte ein geschlossenes Verfahren und stellte die Produktion konsequent um. Mit der neuen Arbeitsweise ergeben sich nun viele Vorteile: Prozesse können mit weniger Arbeitsschritten abgewickelt werden und führen dennoch zu Bauteilen mit hohen mechanischen Werten.
Aber das Entscheidende ist: Die Emissionen werden stark reduziert. Eine bedeutende Leistung, für die Georg Weirather und seine Mitarbeiter im Rahmen der internationalen AVK Tagung (Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.) mit dem begehrten AVK-Innovationspreis 2012 ausgezeichnet wurden. Der verdiente Erfolg für ein Familienunternehmen, das seiner Tradition auf dem Weg in die Zukunft immer treu geblieben ist.

Georg Weirather übernahm 2010 den familiären Betrieb, der vor allem Gülle-Tanks herstellt. Und der Osterberger war gleich radikal zum Umdenken gezwungen. Heraus kam eine Innovation.
Georg Weirather, wie lange gibt es Ihr Unternehmen eigentlich schon?
Georg Weirather: Seit 1895. Wir haben eine lange Tradition – und darauf sind wir auch stolz.
Trotzdem standen Sie 2010 kurz vor dem Aus.
G. W.: Damals habe ich den Betrieb von meinen Eltern übernommen – in einer Situation, die sehr bedrohlich war.
Was war passiert?
G. W.: Wir haben unsere Gülle-Tanks für die Landwirtschaft zu dieser Zeit noch im typischen Handlaminierverfahren hergestellt. Das heißt, dass wir die Glasfaser Lage für Lage in die jeweilige Form gelegt und mit Polyesterharz getränkt haben.
Ja und?
G. W.: Das ist mit sehr hohen Emissionswerten verbunden. Und da die Auflagen der Behörden diesbezüglich immer strenger wurden, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Aber das war nicht der einzige Grund.
Was für ein Problem gab es noch?
G. W.: Polyesterharz hat eine sehr niedrige Geruchsschwelle. Vor allem im Sommer kommt es durch die hohe Abdampfungsrate zu einer starken Geruchsbelästigung.
Welche Lösungen gibt es dafür?
G. W.: Die Naheliegendste wäre gewesen, einen Luftfilter einzubauen und die Mitarbeiter in Schutzanzüge zu stecken.
Der Weg hat Sie nicht überzeugt?
G. W.: Überhaupt nicht. Erstens ist der Luftfilter ziemlich teuer. Und zweitens macht so ein Schutzanzug den Arbeitsplatz nicht gerade attraktiver. Das ist ein Problem, weil die jungen Leute bei diesem Job sowieso nicht gerade Schlange stehen.
Was also tun?
G. W.: Ich habe mir zusammen mit einem
guten Bekannten ein paar Gedanken gemacht und bin zu dem Schluss gekommen: Am besten wäre es doch, die hohen Emissionswerte und den Geruch erst gar nicht entstehen zu lassen.
Das klingt jetzt wahrscheinlich einfacher, als die Umsetzung in Wirklichkeit war.
G. W.: Das hatte bisher niemand versucht. Und ich hatte noch ein anderes Problem: Die Behörden machten Druck, ich stand mit dem Rücken zur Wand.
Also haben Sie sich an den Computer gesetzt und ein paar Dinge ausprobiert.
G. W.: Nix Computer – alles nur im Kopf! Ich hatte keine Zeit, mich auch noch da einzuarbeiten. Ich habe auf meine Schaffenskraft und den lieben Herrgott vertraut. Das war schon etwas wahnsinnig – aber ich hatte keine andere Wahl.
Woher hatten Sie das Basiswissen?
G. W.: Ich habe eine Ausbildung als Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuktechnik, Fachrichtung Verbundwerkstoffe. Das heißt übrigens tatsächlich so – auch wenn Sie das auf keine Visitenkarte der Welt bekommen. Später war ich noch im Luftfahrtbereich tätig. Da habe ich mir einen breiten Horizont erarbeitet, auch, was die Leistungsfähigkeit von Materialien angeht.
Was hat Ihnen das konkret gebracht?
G. W.: Das Verfahren, mit dem wir jetzt unsere Tanks herstellen, ist ja nicht neu – das gibt es schon in anderen Bereichen. Es hatte sich bisher nur niemand getraut, es auch in unserer Branche bei Produkten dieser Größe anzuwenden. Aber ich habe mir gedacht: Das muss doch funktionieren! Und dann haben wir so lange getüftelt, bis es funktioniert hat.
Was ist das Besondere daran?
G. W.: Es ist ein Harzinjektionsverfahren mit geschlossenen Formen. Der Tank wird quasi in einem einzigen Arbeitsschritt hergestellt, die Emissionswerte sind drastisch verringert.
Sind Sie stolz auf Ihre Entwicklung?
G. W.: Ein wenig schon. Die Herausforderung war nicht zu unterschätzen. Immerhin gab es das Verfahren in dieser Form und mit dieser Bauteilgröße noch nicht.
Zuvor waren Sie auch in der Luftfahrtbranche tätig. Warum sind Sie nicht dort geblieben, ist doch auch ein spannendes Feld?
G. W.: Sehr sogar. Aber ich war da ja nur ein kleines Rädchen und konnte überhaupt nichts gestalten. Man hat mir auch nichts zugetraut. Für die meisten war ich der Weirather vom bayrischen Dorf, der Gülle-Tanks baut. Die haben mich nicht ernst genommen.
Jetzt übertreiben Sie aber etwas.
G. W.: Kein bisschen. Einer meiner Chefs hat mir mal gesagt: „Du hast kein Studium, du kannst nicht strukturiert arbeiten.“
Starker Tobak.
G. W.: Ach, wissen Sie: Damals hat mich das getroffen, aber heute ist es mir wurscht. Ich bin jetzt mein eigener Herr. Und ich weiß, was ich kann. Was ich hier in den vergangenen Jahren erreicht habe, soll mir erst mal einer nachmachen.
2012 haben Sie sogar den AVK-Innovationspreis bekommen.
G. W.: Das hat mich sehr gefreut …
… und ist bestimmt auch ganz nützlich im Vertrieb.
G. W.: Da hätte ich mir ehrlich gesagt eine stärkere Wirkung erhofft. Dabei können wir mit unserem Verfahren weit mehr als nur Tanks herstellen: Kabinen, Motorhauben von Traktoren, sogar Flugzeugflügel … Wir sind da offen für alles.
Woran hapert es?
G. W.: Viele trauen dem Material noch nicht so ganz über den Weg. Oft herrscht noch das Denken vor, dass Stahl das einzige Wahre ist.
Ist es aber nicht?
G. W.: Kohlefaser hat eine Menge Vorteile. Sie ist beispielsweise viel leichter als Stahl, hält aber eine Menge aus. Deshalb findet man diesen Verbundwerkstoff ja auch im Flugzeugbau. Unsere Produkte rosten nicht, haben so gut wie keinen Verschleiß und halten ewig. Auch wenn das perspektivisch schlecht fürs Geschäft ist, weil unsere Kunden kein zweites Mal mehr kommen – es sei denn, sie stocken ihren Gerätepark auf (lacht). Aber ich habe noch ein ganz anderes Problem.
Welches?
G. W.: Ich bin kein Marketing-Mensch. Mir fehlt auch die Zeit dafür. Wir haben hier gerade mal zehn Mitarbeiter, da muss ich in der täglichen Produktion mit anpacken.
Vielleicht würde auch ein anderer Standort helfen. Osterberg ist zwar sehr idyllisch, aber nicht gerade ein Ort, an dem man große Innovationen vermutet.
G. W.: Ich bin davon überzeugt, dass sich Qualität durchsetzt – egal, wo das Unternehmen sitzt. Unsere Firma war schon immer in Osterberg. Und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Mathias Heck stand Georg Weirather bei der Umsetzung des neuen Verfahrens zur Seite – und ist überzeugt davon, dass die Firma jetzt vor einer guten Zukunft steht.
Mathias Heck, wie lange kennen Sie Georg Weirather schon?
Mathias Heck: Bestimmt seit zwölf oder dreizehn Jahren. Damals war ich noch bei einem Maschinen- und Anlagehersteller tätig. Wir waren so was wie Pioniere im RTM-Verfahren.
Bei RTM geht es um das Druck-Harzinjektionsverfahren mit geschlossenen Formen.
M. H.: Genau. Bei einer Hausmesse haben Georg und ich uns kennengelernt.
Heute haben Sie beide aber in anderer Funktion miteinander zu tun.
M. H.: Das stimmt. Georg hat mittlerweile das Familienunternehmen übernommen, und ich arbeite bei einem seiner Materiallieferanten in der Anwendungstechnik. Das bedeutet, dass ich unseren Kunden auch mal den einen oder anderen Ratschlag geben kann.
Zum Beispiel bei der Entwicklung des neuartigen Verfahrens der polyGLAS Weirather GmbH.
M. H.: Zum Beispiel. Als Georg das Unternehmen übernahm, war die Lage sehr bedrohlich. Die Behörden waren kurz davor, den Laden dicht zu machen. Waren Sie vor dem Projekt mal bei ihm in der Produktionshalle?
Leider nein.
M. H.: Kein Grund zur Trauer. Das alte Produktionsverfahren verursachte so viel Schmutz und Staub – wenn Sie einmal durch die Halle gelaufen sind, waren Sie danach zehn Zentimeter größer.
Ein Zaubertrank?
M. H.: Schmutz, der an der Schuhsohle kleben blieb.
Aber das war ja nicht Georg Weirathers größtes Problem.
M. H.: Sein größtes Problem war die Emission. Die Grenzwerte waren weit überschritten, das war nicht mehr tragbar.
Also haben Sie ihm zum RTM-Verfahren geraten.
M. H.: Das Verfahren an sich kannte ich ja schon. Es wurde bisher nur bei kleineren Bauteilen angewendet.
Worin liegt der Vorteil?
M. H.: Dafür benötigen Sie jetzt aber eine Menge Platz im Interview.
Den gönnen wir uns.
M. H.: (Lacht.) Also gut. Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Der wichtigste Punkt sind natürlich die deutlich gesunkenen Emissionswerte. Außerdem wird die Zyklus- und Arbeitszeit stark reduziert.
Um wie viel?
M. H.: Dreißig bis sechzig Prozent, je nach Bauteil. Was Georg früher von Montag bis Freitag hergestellt hat, bekommt er nun bis Mittwochmorgen hin. Das ist schon eine Hausnummer.
Waren das alle Vorteile?
M. H.: Noch lange nicht. Sie sparen bei diesem Verfahren Heizkosten, produzieren weniger Abfall und haben eine deutlich geringere Geruchsbelästigung. Und durch das Anwenden einer Gegenform bekommt man beidseitig glatte Bauteile. Diese Gegenform lässt sich übrigens beliebig oft verwenden. Soll ich weitermachen?
Nicht nötig, ich bin überzeugt. Gibt es auch Vorteile für den Kunden?
M. H.: Aber sicher. Die Bauteilqualität steigt deutlich. Und das Produkt wird bei weniger Materialeinsatz leichter. Dazu kommt, dass es einfach hübscher aussieht, was für das Design ja kein Schaden ist.
Gibt es nicht wenigstens einen Nachteil?
M. H.: Die Materialkosten steigen um zehn bis fünfzehn Prozent. Aber das haben sie durch die anderen Vorteile längst reingeholt.
Eines verstehe ich aber nicht. Wenn es fast nur Vorteile gibt …
M. H.: … warum hat es dann bisher noch niemand sonst versucht?
Genau.
M. H.: Weil es sich keiner bei Bauteilen dieser Größe getraut hat.
Wo lag das Risiko?
M. H.: Dass Sie sich nicht allzu viele Fehlversuche leisten können, wenn Sie kein dickes Sparbuch haben. Bei großen Produkten haben Sie nämlich nicht nur 3.000 Euro für das Bauteil in den Sand gesetzt – sondern auch noch 8.000 Euro für eine Gegenform, die danach nicht zu gebrauchen ist.
Bei welchen Großteilen ist dieses Verfahren denn noch vorstellbar?
M. H.: Da gibt es eine Menge. Zum Beispiel bei Abdeckungsteilen von landwirtschaftlichen Maschinen. Da wird bisher mit gerade gebogenen Blechen gearbeitet. Wenn da ein Teil ausgetauscht werden muss, kann man in voller Mannschaftsstärke anrücken – so schwer sind die Dinger. Ich bin überzeugt, dass sich das RTM-Verfahren auch dort durchsetzen wird.
Das sehen andere Experten wohl auch so. polyGLAS Weirather hat für das Verfahren den AVK-Innovationspreis 2012 bekommen.
M. H.: Das ist wirklich eine feine Sache, das ist in diesem Bereich ja die höchste Auszeichnung. Darauf kann man sich schon etwas einbilden.
Zur Person: Mathias Heck ist Diplomingenieur und arbeitet bei der Lange+Ritter GmbH im Bereich Anwendungstechnik. Die Abteilung hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Faserverbundwerkstoffe zur Herstellung von Autoteilen eingesetzt werden, was Zeit und Kosten spart. Zu seinem Aufgabenbereich gehört es auch, den Kunden des Unternehmens bei Problemen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.